Beschreibung
Um 1500 entsteht im Süden und Westen Europas das moderne Postsystem. Das Postsystem unterscheidet sich vom Botenwesen vor allem in der Organisationsform. In regelmäßigen Abständen werden für berittene Kuriere Stationen ("posta") angelegt, meist in Zusammenhang mit Herbergen, an denen ein Reiter- und Pferdewechsel stattfindet. Mit einem Signalhorn kündigt der Reitbote sein Nahen an und gibt dadurch schon von weitem dem nächsten Boten das akustische Zeichen, sich bereit zu halten.
Das Postwesen dient zu Beginn nur dem Nachrichtenverkehr zwischen den Fürsten- und Königshöfen. Doch Reiterstafetten dauerhaft einzurichten, ist auch für Fürsten eine kostspielige Angelegenheit. Deshalb öffnen sich die ersten Postkurse gegen Entgelt bald für private Nachrichten. Staatlich privilegierte Postanstalten wie jene der Taxis oder Paar sichern sich die Brief- und Paketbeförderung. In ihren Diensten stehen Postmeister, die bestimmte Strecken betreuen und für Unterkunft, Pferde und Reiter sorgen müssen. Sie müssen außerdem lesen und schreiben können, rechnen und sich nach der Zeiteinteilung der mechanischen Uhr richten.
Der Pferde- und Botenwechsel und die regelmäßige Portionierung des Raums in Poststationen sind an eine Vereinheitlichung des Zeitaufwands gekoppelt: den Reitern ist vorgeschrieben, wie schnell sie je nach Jahreszeit die Intervallstrecken "Tag und Nacht" zurückzulegen haben. Den Postmeistern zur Kontrolle dienen die sogenannten "Poststundenzettel" oder "Stundenpässe", die zusammen mit den Briefpaketen in großen Ledertaschen ("Felleisen") transportiert werden. Auf den Stundenpässen wird an jeder Station vermerkt, wann das Felleisen an welchen Boten übergeben wurde. Damit der schnelle Brieflauf durch die Säumigkeit eines Einzelnen nicht gefährdet wird, malen die Postmeister kleine Galgen auf die Stundenpässe oder befehlen mit der Aufschrift "Cito Cito Citissime" die schnellstmögliche Beförderung der Nachrichten.
Der anwachsende Nachrichtenverkehr bringt es im 18. Jahrhundert mit sich, daß die zunächst handschriftlich verfassten Stundenpässe zu vorgedruckten Formularen werden. Inzwischen dienen sie zur Zeitkontrolle nicht nur bei Eilkurieren, sondern auch auf den fahrplanmäßig verkehrenden Kutschenkursen zwischen den großen Städten. Stundenpässe werden noch im 19. Jahrhundert als Kontrollmittel eingesetzt, solange Postkutschen nicht endgültig von der Eisenbahn abgelöst werden. Eine der letzten Stundenpässe in diesem Bestand stammt aus dem Kriegsjahr 1916 und wurde in Form eines Formularheftes auf der Salzburger Gebirgsroute Radstadt-Mauterndorf verwendet.