Beschreibung
Diese äußerst komplexe und kunstvoll gebaute astronomische Prunkuhr aus der Mitte des 16. Jahrhunderts ist viel mehr als eine einfache Uhr. Der Automat verkörpert gleichsam das antike Weltbild des Ptolemäus.
Die Prunkuhr ermöglicht das Ablesen einer Vielzahl von astronomischen und astrologischen Informationen. Neben Uhrzeit, Tages- und Nachtlänge, dem Zeitpunkt von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sowie Datum und Wochentag, zeigt sie vor allem auch Planetenbewegungen und Sternkonstellationen am Himmel. Zusätzlich sind mit ihrer Hilfe auch astrologische Deutungen möglich. Angetrieben wird sie durch ein kompliziertes Zahnradgetriebe. Sie kann als Symbol für das damals noch immer bestehende mechanistische, geozentrische Weltbild gesehen werden. In diesem antiken Weltbild befindet sich die Erde im Zentrum des Universums und die Himmelskörper bewegen sich wie in einem Uhrwerk um dieses herum.
Die Herstellung der Prunkuhr wurde 1554 vom Wittelsbacher Ottheinrich, Fürst von Pfalz-Neuburg, beim Tübinger Professor für Mathematik und Astronomie Philipp Imser von Straßburg (auch unter den Namen Imsser, Immser, Imbser, Ymmser sowie Philippus Imsserus zu finden) in Auftrag gegeben. Sie sollte eigentlich 1555 fertig gestellt sein (am Gehäuse steht auch diese Jahreszahl), doch die Herstellung der Uhr zog sich bis 1561, wobei ab 1556 auch der Heidelberger Uhrmacher Gerhard Emmoser (auch unter dem Namen Gerhart Emmoser von Rainen zu finden) beteiligt war. Der Auftraggeber Ottheinrich starb 1559 und konnte die Fertigstellung nicht mehr erleben.
Imser verkaufte die Uhr daraufhin 1561 dem Habsburger Kaiser Ferdinand I. Dessen Sohn Karl II. Franz von Innerösterreich brachte sie vermutlich in seine Residenzstadt Graz. 1750 wurde die Uhr eingemauert in der erzherzoglichen Burg in Graz wiederentdeckt und von Kaiserin Maria Theresia 1752 dem “Museum Mathematicum” der Jesuiten geschenkt. An den Hof nach Wien kam die Uhr schließlich 1801 und gelangte 1890 in das neu gegründete „Museum der Geschichte der österreichischen Arbeit“ – einer Vorgängerorganisation des Technischen Museums Wien. Sie ist heute eines der ältesten und wichtigsten Exponate.
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Aufbau und Anzeigen der Prunkuhr im Detail:
Die Uhr besteht aus einem viereckigen Unterbau, der an der Oberseite mit einer Balustrade abschließt. Innerhalb dieser Balustrade befindet sich zentriert ein kleinerer achteckiger Aufbau, der oben durch einen Himmelsglobus abgeschlossen ist. Die Grundfläche beträgt 51x51 cm, die Höhe bis zum Himmelsglobus beträgt 88cm.
Auf den Ziffernblättern des Unterbaus lassen sich der Lauf der damals bekannten “Wandelgestirne” (Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn) in Länge und Breite, sowie die Mondphase ablesen. Auch Vorhersagen von Sonnen- und Mondfinsternissen sind möglich. Zusätzlich zeigt der Unterbau der Uhr auch die Jahreszahl, den Wochentag, sowie Tag und Monat im Julianischen Kalender, die Tag- und Nachtlängen, den Zeitpunkt von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang und auch die Stunden für die Uhrzeitangabe. In die zweiflügelige Tür an der Rückseite des Unterbaus sind Karten eingraviert, die außen das römisch-deutsche Reich mit Italien sowie Ost- und Südeuropa zeigen und innen die iberische Halbinsel bis zum südlichen Irland sowie Frankreich mit Südengland. Auf der Karte sind die Breitengrade angegeben, damit man die Uhr auf den jeweiligen Aufstellungsort einstellen kann.
Am oberen Ende des Unterbaus umkreist auf der Galerie eine Frauenfigur einmal pro Stunde den zentralen achteckigen Aufbau und weist dabei mit der Hand über die Ballustrade auf die Minutenzahlen für die Uhrzeitangabe, die auf der Brüstung zu sehen sind.
Der achteckige Aufbau hat an jenen vier Seitenflächen, die zu den Ecken der Balustrade schauen, im unteren Bereich Türen. Diese öffnen sich im Viertelstundentakt genau an der Position der Frauenfigur und es tritt eine weitere Figur heraus. Aus der ersten Tür bei Minutenzahl 15 tritt ein Jüngling, bei Minutenzahl 30 ein Mann, bei Minutenzahl 45 ein Greis und zu jeder vollen Stunde erscheint der Tod. Diese Figuren stellen das menschliche Lebensalter dar. Zusätzlich ertönt alle Viertelstunden und zu jeder vollen Stunde eine Glocke. Auf den restlichen vier Seitenflächen zwischen den Türen finden sich gravierte Bilder. Sie zeigen Herakles mit der Himmelskugel, Sternforscher mit Geräten sowie den Tod mit Stundenglas.
Im oberen Bereich des Aufbaus finden sich auf sieben der acht Seitenflächen Bilder der Planeten mit Planetenkindern. Die achte und nach vorne zeigende Seitenfläche beinhaltet eine Laube durch die immer eine Planetenfigur als “Stundenherrscher” durchtritt, und zwar genau zur entsprechenden Planetenstunde.
Der oben aufgesetzte Himmelsglobus mit den Sternbildern dreht sich in 24 Stunden einmal um seine Achse. Er ermöglicht erst die räumliche Deutung der an den Ziffernblättern des Unterbaus ermittelten Längen- und Breitengrade für die Positionsbestimmung der Wandelgestirne.