Beschreibung
Dieser Mercedes W 196R mit der Fahrgestellnummer 00012/55 und der Motornummer 00021/55 kam im Mai 1958 mit einer Laufleistung von 1.933 Kilometern auf Initiative des legendären Mercedes-Rennleiters Alfred Neubauers nach Wien. Der Rennwagen war in der Rennsaison 1954/55 der Automobil-Weltmeisterschaft der Federation Internationale de L'Automobile im Einsatz.
Die neue Rennformel für die damalige Saison sah einen 2,5 Liter Hubraum ohne Kompressor vor. Mercedes baute den Achtzylinder-Reihen-Motor mit 2.496 ccm Hubraum schräg ein, damit die Motorhaube möglichst flach sein konnte und wenig Luftwiderstand bot. Eine zwangsweise (auch desmodromische bzw. Z-Steuerung genannte) Ventilsteuerung steuerte sowohl die Öffnung- als auch die Schließung der Ventile. Damit wollten die Konstrukteure das Flattern der Ventile vermeiden, das unter den Belastungen des Rennsports häufig auftrat, wenn die Schließung der Ventile mit Hilfe von Stahlfedern erfolgte.
Eine weitere Besonderheit des Motors war die zusammen mit der Firma Bosch entwickelte Benzin-Direkteinspritzung mit einer Achtstempel-Reiheneinspritzpumpe, mit der der Kraftstoff gleichmäßig an alle acht Zylinder zugeteilt werden konnte. Die Leistung der Motoren wurde während der Rennsaison 1954/1955 von 260 PS (191 kW) auf 280 PS (206 kW) gesteigert. Der Kraftstoffverbrauch lag bei über 35 Litern auf 100 Kilometer. Mercedes entwickelte die Kraftstoffzusammensetzung gemeinsam mit Esso. Sie trug ihren Spitznamen „Giftbrühe“ nicht zu Unrecht. Das Kraftstoffgemisch bestand neben Benzin auch aus Benzol, Methanol, Azeton und dem giftigen Nitrobenzol. Da das gesundheitsschädliche Gemisch auch die Leitungen des Fahrzeugs angriff, musste regelmäßig mit normalem Benzin nachgespült werden.
Der Fahrzeugrahmen war ein Gitterrohrrahmen, der einseits sehr leicht, andererseits durch die auf Zug oder Druck beanspruchten Rohrstreben sehr stabil war. Mercedes hatte für die Rennsaison extra diese aufsehenerregende Stromlinienkarosserie entwickelt, die bei den Hochgeschwindigkeitsstrecken der Formel-Rennen eingesetzt wurde. Mit der Stromlinienkarosserie erzielten die Wagen Geschwindigkeiten von 280 Kilometern pro Stunde. Für kurvenreiche Strecken setzte man jedoch nach den ersten Erfahrungen weiterhin die "Monoposto"-Karosserie mit freien Rädern ein, da die Fahrer damit den Scheitelpunkt der Kurven besser berechnen und anfahren konnten. Daher kam dieser Rennwagen in zwei unterschiedlichen Gestalten zum Einsatz: Erstmals wurde der Wagen beim Großen Preis von Europa in Monte Carlo am 22. Mai 1955 eingesetzt. Der Fahrer war Stirling Moss. Es gab jedoch Probleme mit der desmodromischen Ventilsteuerung, so dass Moss mit dem Fahrzeug ausscheiden musste. Beim Großen Preis von England am 16. Juli 1955 in Aintree bei Liverpool trat Stirling Moss erneut mit diesem Fahrzeug in der Monoposto-Ausführung an.Vor heimischen Publikum siegte er vor dem Argentinier und späteren Weltmeister Juan Manuel Fangio. Für den Großen Preis von Italien in Monza wurde der Rennwagen von der Monoposto auf die Stromlinienkarosserie umgerüstet. Doch schon in den Trainingsläufen vermerkte Mercedes Probleme mit der Straßenlage. Danach kam dieser Mercedes W 196 nicht mehr zum Einsatz.