Beschreibung
Mit diesem Egger-Lohner mit Wechselkarosserie „Mylord/Coupé“ (Lohner Modell-Kennzeichen „C14/15“) gewannen die Wiener Automobil-Hersteller 1899 bei der 1. Internationalen Motorwagen-Ausstellung in Berlin die Gold-Medaille und den ersten Ehrenpreis beim gleichzeitig stattfindenden „Internationalen Wettbewerb der elektrischen Automobile“. In mehreren Darstellungen zur Geschichte der Lohner Automobile heißt es, dass Ferdinand Porsche, der damals für die Vereinigte Electricitäts-AG von Béla Egger arbeitete, das Fahrzeug im Wettbewerb lenkte und betreute.
Die Wechselkarosserie hatte Lohner mit dem Hintergedanken anfertigen lassen, damit ein Fahrzeug für den Sommer- (Mylord) und Schlechtwetterbetrieb (Coupé 3/4) anbieten zu können. Automobile waren damals vornehmlich ein sommerliches Vergnügen. Die beiden Karosserien zum Fahrzeugs sind am Objekt leider nicht mehr erhalten. Der Rahmen des Fahrwerks ist aus U-Eisen gebildet und gerundet. Die Akkumulatoren Batterie ist zwischen den Achsen an pendelnden Stangen federnd am eisernen Rahmen aufgehängt. Ursprünglich war der Egger-Lohner mit Pneumatikreifen ausgestattet. Auch diese sind nicht mehr erhalten. Die Holzspeichenräder sind daher mit Attrapen versehen, die dem Aussehen der damaligen Luftreifen nachempfunden sind. Für das Fahrzeug wurde ein Eigengewicht von 1450kg mit allen Aufbauten angegeben.
Angetrieben wurde das Elektroauto „Mylord/ Coupé System Egger-Lohner“ mit einem vierpoligem Hauptstrommotor „System Egger“ mit 3 PS (2,21 kW) bei einer Drehzahl von 350 Umdrehungen pro Minute. Der Motor ist mit zwei Kollektoren ausgestattet, so dass die Anker parallel und hintereinandergeschaltet werden können. Dieser Elektromotor ist mit zwei pendelnden Zugstangen mit Spiralfedern am eisernen Rahmen des Wagens eingehängt und treibt die Hinterräder des Fahrzeugs durch eine einstufige Übersetzung im Verhältnis 1:6,5 an. Die auf der Motorwelle sitzenden kleinen Triebräder greifen in innnen verzahnte Radkränze, die unmittelbar auf den Radnaben angebracht sind. Diese kleinen Räder sind aus Phosphorbronze, die großen aus Stahlguss. Den Strom bezog das Fahrzeug aus einem Akkumulator mit 44 Zellen, von denen nicht mehr alle vorhanden sind. In der Anmeldung des "electrischen Wagen System Egger-Lohner" bei der K.K. Statthalterei für Oesterreich unter der Enns von 1900 benennt die Jacob Lohner u. Co. drei verschiedene Akkumulatoren-Systeme für ihre Fahrzeuge: "Tudor" der Accumulatoren Fabriks Actien Ges. Wien, "Titan" der Firma Heimel, sowie das System der Firma Wüste & Rupprecht Wien-Baden. Je nach Schaltung hatte die Batterie 40 bzw. 80 V Spannung. Die zur Verfügung stehende Ladung der Akkumulatoren wird mit 170 Amperestunden angegeben. Die Ladezeit beträgt vier Stunden.
Mit dem seitlichen Fahrschalter für den Controler vorne am Lenkersitz lassen sich die Geschwindigkeiten, Null- und Bremsstellungen sowie die Rückwärtsgänge einstellen. Voltmeter und Amperemeter sind als Kontrollinstrumente am Armaturenbrett vorhanden. In der Anmeldung bei der Statthalterei gab die Jacob Lohner & Co. an, der Controller sei unter dem Polster des Lenksitzes verborgen. Polster sind beim Fahrzeug jedoch keine mehr vorhanden, und der Controller wirkt insgesamt zu groß, um unter einer Polsterung zu verschwinden. Die jetzige Position des Controller-Kastens erscheint vergleichsweise wenig abgestimmt mit der restlichen Konstruktion des Fahrzeugs. Insgesamt gab es zwölf Schaltmöglichkeiten am „Controller“: zwei Rückwärtsgänge, sechs Vorwärtsgänge und vier Bremsstufen. Gebremst werden konnte einerseits mit der elektrischen Reversirbremsung, mit der die Drehrichtung des Motors und damit auch die der Antriebsräder verkehrt wurden. Andererseits gab es eine elektrische „Schnellbreme“ (Kurzschlussbremsung) mit dem Kontrollhebel und einen Fußhebel für die mechanische Bandbremse auf die Hinterräder. Ein Artikel in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure äußerte Bedenken, ob diese Mannigfaltigkeit der Schaltungen durch die Unterteilung der Akkumulatorenbatterie in zwei Gruppen und die verschiedenartige Schaltung der Anker sinnvoll sei: "Ob die feine Abstufung der Fahrgeschwindigkeit und der Bremsung einem Bedürfnis entspricht, wird allerdings durch den Vergleich mit anderen bewährten Konstruktionen zweifelhaft." (Band 44, 2 vom 13. Januar 1900, S. 50)
Die Reichweite des Egger-Lohner Mylord/Coupé mit einer Batterieladung wurde von Lohner mit 80 km angegeben, die Höchstgeschwindigkeit mit 35 km/h.Tatsächlich erreichte der Egger-Lohner Mylord/Coupé in Berlin eine Höchstgeschwindigkeit von 25,8 km/h. Damit war das Fahrzeug allen anderen Teilnehmern am Wettbewerb deutlich überlegen.